Zwangsarbeitslager für Juden
Das Arbeitslager wurde im Jahre 1937 von einer Baufirma aus Mayen auf Gemeindeland errichtet, die Ausführung sämtlicher Holzarbeiten lag beim Bongarder Schreiner Josef Lenzen. Ohne gemauertes Fundament auf Balken erstellt, gingen die Bauarbeiten zügig voran, die Fertigstellung erfolgte bereits im Oktober. Das Lager bestand aus zwei Schlafräumen mit jeweils 30 Betten, die durch eine Küche und einen Aufenthaltsraum miteinander verbunden waren. In einem kleineren Querbau war die Lagerleitung untergebracht. Im November 1937 bezogen Mitglieder des Reichsarbeitsdienstes das Lager und wurden in der Ödlandkultivierung eingesetzt.
Da im Winter 1937/38 sehr viel Schnee fiel, mußten die Männer des Reichsarbeitsdienstes ihre Arbeit einstellen und konnten das Weihnachtsfest zu Hause feiern. Zu Beginn des Jahres 1939 wurden jüdische Mitbürger in das Arbeitslager eingewiesen.
Der Begriff Lager erhält mit den neuen Bewohnern eine völlig andere Bedeutung. Hier wurde eine Bevölkerungsgruppe zwangsweise ihrer Heimat beraubt und in ein Lager gesteckt, um ihre Arbeitskraft auszubeuten. Verglichen mit den zunehmenden Deportationen in die Vernichtungslager mußte das Leben und Arbeiten in Bongard geradezu als Privileg empfunden werden. Morgens zog die Gruppe in einer Kolonne durch den Ort und führte Drainagearbeiten in der Flur Schlüsselsheck durch. Nach zehnstündiger Arbeitszeit mit einer Pause von 15 Minuten wurde der Fußmarsch zurück ins Lager angetreten. Lagerführer Rühl, Angehöriger der SS, wird von der Dorfbevölkerung als sehr streng beschrieben. Er war von Beruf Metzger und Koch und führte bei den Bauern im Ort die Hausschlachtungen durch. Die jüdischen Lagerbewohner kamen aus den verschiedensten Gegenden des Reichsgebietes. Niemand sollte Freunde oder Bekannte vorfinden, die das Eingewöhnen erleichtert hätten. Johann Gilles berichtet, daß er am Bahnhof in Niederehe von einem jungen Mann angesprochen wurde, ob er wisse, wo Bongard liege, er sei ins dortige Arbeitslager eingewiesen. Auf dem gemeinsamen Fußmarsch gab er sich als Kaufmann aus Hamburg zu erkennen und stellte mehrmals die bange Frage, ob man im Lager geschlagen werde. Diese Frage verneinte Johann Gilles guten Glaubens, denn der Kontakt zwischen Lagerinsassen und Dorfbevölkerung wurde zunächst geduldet. Wenn vor Meyesch Haus der Streisel zum Trocknen ausgebreitet wurde, dann fanden sich am Abend auch Juden dort ein, um ein Schwätzchen zu halten. Der Kontakt wurde aber zusehends erschwert, nur der Lagerälteste durfte noch im Kolonialwarengeschäft Lenzen einkaufen. Auf die Frage, wie es ihnen gehe, antwortete er: Solange wir hier sind, geht es uns gut. Der Weitertransport in die Vernichtungslager ist auch diesen Menschen vermutlich nicht erspart geblieben. Wie groß der Wunsch war, aus dem Lager zu fliehen, zeigt das Verhalten eines Juden, der sein Fahrrad mitbrachte und es, ohne Wissen der Lagerleitung, in der Scheune des Bauern Nohner unterstellte. Nach ungefähr einem halben Jahr wurden die Lagerbewohner abtransportiert, über ihr weiteres Schicksal ist nichts bekannt.
Nach dem Krieg sollen verschiedentlich Nachforschungen im Ort über den verhaßten Lagerführer Rühl angestellt worden sein. Es konnte ihm aber nichts nachgewiesen werden.
Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg zogen sogenannte Notstandsarbeiter in das ehemalige Arbeitslager ein. Es handelte sich hierbei um Waldarbeiter aus dem Raum Mayen/ Andernach und um Flüchtlinge aus den besetzten Ostgebieten. Sie schlugen Holz im Staatsforst Heyer, das zu den Bahnhöfen in Niederehe und Utzerath transportiert wurde und als Brennholz für das Ruhrgebiet bestimmt war. Ein schwerer Unfall ereignete sich hierbei, als ein vollbeladener Wagen auf herumliegende Teile einer V1-Rakete auffuhr und in die Luft flog.
Im Jahre 1946 ging das Gebäude in Privatbesitz über. Die neuen Eigentümer richteten später eine Gastwirtschaft ein. Trotz mehrmaligen Umbaus blieb als typisches Kennzeichen der große Saal, bestehend aus den ehemaligen Schlafräumen, erhalten. Hier werden Kirmes, Karneval und Familienfeste gefeiert.