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Nichts sagen Zahlen aus über das Schicksal der Opfer aus. Neben der körperlichen Verstümmelung litten sie oft genug auch an seelischen Qualen. Vor allem für viele Frauen war der Verlust der Gebärfähigkeit nicht zu verkraften, zumal wenn sie vom nationalsozialistischen Bild der Frau und ihrer Funktion in der NS-Gesellschaft geprägt waren.
Entschädigungen nach dem Krieg gab es für die erlittene Verstümmelung nicht. Das GzVeN war ja nach Ansicht der damaligen Sachverständigen und der Bundesregierung, die 1965 offiziell eine generelle Entschädigungsregelung ablehnte, kein Unrechtsgesetz und der Vollzug sei sowieso in völlig gesetzmäßigen Bahnen verlaufen. Unter den Sachverständigen, die der damalige Bundestagsausschuss für Wiedergutmachung um ihre Stellungnahme bat, dominierte mit Hans Nachtsheim, dem Direktor des Max-Planck-Institutes für vergleichende Erbbiologie und Erbpathologie und Werner Villinger, dem ehemaligen Beisitzer der EOG Hamm und Breslau und T4-Gutachter, die alte Garde der Bevölkerungspolitiker und Rassenhygieniker. Der von 1961 bis 1965 mehrmals tagende Ausschuss schloss sich schlussendlich den Voten dieser Experten an, obwohl ihn eher das Kostenargument im Falle einer generellen Entschädigung überzeugt hatte. 1967 beantwortete der damalige Bundesfinanzminister Franz-Josef Strauß eine kleine Anfrage im Bundestag mit denselben ökonomischen Argumenten, die bereits 1965 den Bundestagsausschuss beeinflussten: Bei unserer derzeitigen Haushaltslage bin ich der Meinung, daß eine solche Maßnahme auch finanziell nicht zu verantworten wäre. Da im Bundesgebiet etwa 175.000 bis 200.000 Zwangssterilisierte leben dürften, würde sich eine finanzielle Belastung von fast einer Milliarde DM ergeben, wenn man jedem Betroffenen auch nur eine Entschädigung von DM 5.000,- gewähren würde. Gegen eine Pauschalabfindung spricht überdies noch, daß von dem gesamten Entschädigungsbetrag von fast einer Milliarde DM bis zu 60 % an Geisteskranke, Schwachsinnige oder schwere Alkoholiker gezahlt werden würde. Bis 1980 brauchte der Gesetzgeber, um zumindest eine vorläufige Entschädigungsregelung einzuführen, nach der Zwangssterilisierte aus einem Härtefall-Fonds auf Antrag eine einmalige Zahlung von 5000.- DM erhalten konnten.
Der Bundestag hob erst am 28. Mai 1998 alle Nazi-Unrechtsurteile auf, auch die der Erbgesundheitsgerichte
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