23.03.1940 Deutsches Ärzteblatt Nr. 12

Meldung missgestalteter Neugeborener

Auf Grund des Runderlasses des Reichsministers des Innern vom 18. August 1939 – IV b
3088/39 – 1079 Mi – betr. Meldepflicht für missgestaltete usw. Neugeborene und auf Grund
des § 46 Abs. 2 Ziff. 3 und 4 der Reichsärzteordnung wird angeordnet:
1. Zur Klärung wissenschaftlicher Fragen auf dem Gebiete der angeborenen Mißbildung
und der geistigen Unterentwicklung ist eine möglichst frühzeitige Erfassung der einschlägigen Fälle notwendig.

2. Jeder Leiter einer Entbindungsanstalt oder einer geburtshilflichen Abteilung in Krankenhäusern sowie jeder Arzt, der bei der Geburt eines Kindes Beistand geleistet hat,
hat eine Meldung an das für den Geburtsort des Kindes zuständige Gesundheitsamt
nach beifolgendem, bei den Gesundheitsämtern vorrätig gehaltenem Formblatt zu erstatten,
falls das neugeborene Kinde verdächtig ist, mit folgenden schweren angeborenen
Leiden verhaftet zu sein:
1. Idiotie sowie Mongolismus (besondere Fälle, die mit Blindheit und Taubheit verbunden
sind),
2. Mikrocephalie,
3. Hydrocephalus schweren bzw. fortschreitenden Grades,
4. Mißbildungen jeder Art, besonders Fehlen von Gliedmaßen, schwere Spaltbildungen
des Kopfes und der Wirbelsäule usw.,
5. Lähmungen einschließlich Littlescher Erkrankung.
3. Ferner sind von allen Ärzten zu melden Kinder, die mit einem der unter Abs. 2 Ziffer
1-5 genannten Leiden behaftet sind und das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
falls den Ärzten die Kinder in Ausübung ihrer Berufstätigkeit bekannt werden.
Die Meldung hat an den für den Wohnort des Kindes zuständigen Amtsarzt zu erfolgen;
bei voraussichtlich längerem Anstaltsaufenthalt des Kindes ist die Meldung an
das für den Sitz der Anstalt zuständige Gesundheitsamt zu erstatten.
4. Für den anzeigenden Arzt ist die Verpflichtung zur Anzeige aus Art. 3 Abs. 4 der Ersten
Verordnung zur Ausführung des Gesetztes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses
vom 5. Dezember 1933 (Reichsgesetzblatt 1 Seite 1021) mit dieser Meldung erfüllt.

Weitere Meldeverpflichtungen, insbesondere nach dem Preuß. Krüppelfürsorgegesetz
vom 6. Mai 1920 (Gesetzsammlung Seite 280), bleiben nach wie vor in Kraft.