Baden-Baden

Baden-Baden ist eine Stadt im Westen Baden-Württembergs. Baden-Baden liegt am Westrand des nördlichen Schwarzwaldes im Tal der Oos, einem kleinen Fluss, der etwa 13 Kilometer weiter bei Rastatt in die Murg mündet.
Baden-Baden gliedert sich in folgende Stadtteile: Oos, Balg, Weststadt, Innenstadt, Lichtental mit Oberbeuern und Geroldsau, Ebersteinburg, Steinbach, Neuweier, Varnhalt, Haueneberstein und Sandweier.

Außerdem gibt es weitere Wohnplätze oder Wohngebiete mit eigenem Namen, die teilweise sehr verstreut sind: Gaisbach, Gallenbach (Varnhalt), Hungerberg, Malschbach, Mührich, Müllenbach, Schmalbach, Schneckenbach, Seelach, Umweg (Steinbach) und Unterer Plättig.

An die Stadt Baden-Baden. grenzen: Rastatt, Kuppenheim, Gaggenau, Gernsbach, Weisenbach, Forbach, Bühl, Bühlertal, Sinzheim, Hügelsheim und Iffezheim alle zum Landkreis Rastatt.


In dem Kurort Baden-Baden, das bis dahin relativ verschont geblieben war, weil man ausländische Besucher, deren Devisen das Reich brauchte, nicht verscheuchen wollte, begann der Pogrom erst um sieben Uhr morgens. Es wurde Rücksicht auf die Ruhe der noch am Ende der Saison dort weilenden Kurgäste genommen. In Galauniform nahm die Polizei die Verhaftung der Juden vor und brachte sie zum Hof der alten Polizeidirektion (neben der heutigen Caracalla Therme), hier mußten sie in Reih und Glied bis Mittag stehen.
Augenzeugen berichten von Demütigungen durch die SS und brutalen Übergriffen durch Baden-Badener Bürger. Etliche Juden wurden mit Steinen beworfen, verprügelt, ausgepeitscht oder bewusstlos geschlagen.
Im Inneren des Gebäudes waren SS-Männer aus der Umgebung Baden-Badens damit beschäftigt, auf der Frauenempore Feuer zu legen. Die Juden wurden entwürdigt, teilweise körperlich misshandelt. Die Synagoge wurde durch den Pöbel entweiht.
Bis auf etwa 60 Personen wurden schließlich alle zusammengetriebenen Juden mit einem Bus zum Bahnhof gefahren. Von dort wurden die Baden-Badener Juden mit einem Sonderzug zusammen mit anderen Juden aus dem Schwarzwaldgebiet ins Konzentrationslager Dachau verschleppt.
Die Synagoge in Baden-Baden brannte vollständig aus. Das Synagogengrundstück erwarb später eine Druckerei.


Zeitzeuge Arthur Flehinger


Pogrom 1938

Pogrom


Gegen Mittag öffnete sich das Tor und ein Zug Wehrloser mit viel Bewachung rechts und links, begann sich durch die Straßen der Stadt zu bewegen. Man hatte bis Mittag gewartet, offenbar um der Menge etwas zu bieten. Aber zur Ehre der Badener sei es gesagt, daß die meisten doch davor zurückschreckten, sich auf der Straße zu zeigen. Was an Zuschauern zu sehen war, war Pöbel. Pöbelhaft benahmen sich drei Lehrer. – Einer von ihnen, Herr Dr. M. ließ wohl nur den Zug an sich vorbeidefilieren, dagegen hatten der Direktor der Volksschule, Herr Hugo M. und sein Freund, Herr S., eine Anzahl junger Schüler mit Bonbons gefüttert, damit sie ja gut im Chor >Juda verrecke< schrien. Ob diese Inszenierung wirklich zur Belustigung der Zuschauer beitrug, möchte ich stark bezweifeln. Ich sah Leute, die hinter dem Vorhang weinten. Einer aus der Reihe der anständigen Baden-Badener soll behauptet haben: >Was ich sah, war nicht ein Christus, sondern eine ganze Reihe von Christusgestalten, erhobenen Hauptes und nicht gebeugt von dem Bewußtsein einer Schuld schritten sie daher.<

Der Zug näherte sich der Synagoge, wo die obersten Stufen der Freitreppe schon mit allerhand Gesindel in und ohne Uniform angefüllt war. Das war ein richtiges Spießrutenlaufen. Man mußte an dem Gesindel vorbei, und an wüsten Schmährufen ließen es die traurigen Gestalten wirklich nicht fehlen. Ich selbst hatte auf dem ganzen Zug den Leuten fest in die Augen geschaut, und als wir uns der obersten Stufe näherten, schrie einer herunter: „Guck net so frech, Professor!“
Das war schließlich weniger eine Beleidigung als ein Eingeständnis der Schwäche und der Furcht. Meinem Freund Dr. Hauser gegenüber, der in Baden-Baden ein vielbeschäftigter und hochangesehener Anwalt war – man hatte ihn und seine Frau später aus Südfrankreich nach Celle und von dort in die Todeskammer nach Auschwitz gebracht -, zeigte sich der Mob weniger gnädig. Der Ärmste erhielt von den Vertretern des Faustrechts allerhand Faustschläge, und ich sah den Bejammernswerten dann noch auf einem Gebetmantel fallen, den die Nazis auf dem Boden ausgebreitet hatten, damit wir darüberschritten.

In der Synagoge war alles wie verwandelt. Das Gotteshaus wurde zum Tummelplatz schwarzer, uniformierter Horden. Ich sah, wie oben in der Frauengalerie Leute geschäftig hin und herliefen und Leitungsdrähte legten. Es waren keine Badener.
Man ließ für den 10. November SS aus den Nachbargemeinden kommen als Leute, die durch das Fehlen auch nur eines Funken von menschlichen Mitgefühl in ihrer Bewegungsfreiheit nicht gehemmt wurden und daher ihr ruchloses Machwerk ungestört durchführen konnten. Plötzlich ertönte eine freche, fette Stimme: „Ihr singt jetzt das Horst-Wessel-Lied.“ Es wurde so gesungen, wie es jeder erwartet hatte. Wir mußten es zum zweiten Mal singen. Dann rief man mich hinauf zumAlmemor (Vorlesertisch) und gab mir eine Stelle aus >Mein Kampf< zu lesen. Eine Weigerung hätte unter den damaligen Umständen das Leben der Mitleidenden gefährdet. So sagte ich: „Ich habe den Befehl erhalten, folgendes vorzulesen;“ und ich las leise genug. In der Tat so leise, daß der hinter mir stehende SS-Mann mir mehrere Schläge in den Nacken versetzte.
Denjenigen, die nach mir Proben der feinen literarischen Nazi-Kochkunst mitteilen mußten, erging es nicht besser. Dann gab es eine Pause. Wir mußten in den Hof, damit wir unsere Notdurft verrichteten. Wir durften aber keineswegs das Klosett benutzen, sondern mußten mit dem Gesicht gegen die Synagoge dastehen und bekamen dabei von hinten allerlei Fußtritte.
Von der Synagoge ging es dann in das gegenüberliegende Hotel Central.
Der Hotelbesitzer, Herr Lieblich, dem das schöne Tagesprogramm natürlich nicht vorher angesagt worden war, mußte für ungefähr 70 Personen in Essen improvisieren. Bezüglich unseres weiteren Schicksals gab es dann ein großes Rätselraten.
Was man mit uns vorhatte, wußte niemand. Wir waren ja von der Außenwelt vollkommen abgeschnitten. Unsere alles andere als stillen Erwägungen wurden dann jäh unterbrochen, als der Kantor der Gemeinde, Herr Grünfeld, leichenblass den Saal betrat und blutenden Herzens die Worte sagte: „Unser schönes Gotteshaus steht in Flammen.“ Nun wußten wir, wozu die Drahtleitung gelegt war. Der brutalste der Hitlerbande kommentierte die traurige Botschaft des Herr Grünfeld, indem er noch den frivolen Satz hinzufügte: >Wenn es auf mich angekommen wäre, wärt ihr alle in den Flammen umgekommen!<

Der Autobus wartete schon vor der Tür, und mit ihm eine ganze Anzahl >wütender Volksgenossen<. Die Deportation nach Dachau war schon längst geplant, nur wir Armen wußten es nicht. Im Laufschritt mußten wir hinaus zum Autobus rennen, und wer nicht schnell genug rannte, bekam einen Denkzettel. Am Bahnhof warteten wir auf den Sonderzug aus der Freiburger Gegend. Er brachte die Juden aus dem Oberland. In jedem Abteil saß ein Schutzmann. Aus seinem Mund kam keinSterbenswort. Als der Zug hinter Karlsruhe in Richtung Stuttgart fuhr, hörte man nur das grausige Wort >Dachau<.

Dr. Arthur Flehinger
Studienrat am Badener Gymnasium