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Das Abführen einer nackten Jüdin zur Erschießung im Lazarett
Im Winter 1942/1943, als schon Schnee lag, hatte sich eine schon entkleidete Jein in einem der vielen auf dem Sortierplatz umherliegenden Kleiderhaufen in der Nähe der Frauenauskleidebaracke versteckt. Dadurch war sie nicht durch den Schlauch in die Gaskammern getrieben worden. Etwa 15 Minuten nach dem Ende der Abwicklung dieses Transportes bemerkte Suchomel die unbekleidete Frau. Er führte sie sogleich über den Sortierplatz ins Lazarett. Hier wurde die Frau erschossen.
Ob Suchomel sie selbst getötet hat oder ob sie von dem dort diensttuenden SS-Unterführer erschossen worden ist, konnte nicht geklärt werden.
Der Angeklagte Suchomel stellt diesen Vorfall entschieden in Abrede, räumt aber ein, es sei schon einige Male vorgekommen, dass Juden sich zunächst der Vergasung entzogen hätten.
Suchomel wird aber durch die eidliche Aussage des 55 Jahre alten Bautechnikers Koh. aus Ramat Gan in Israel der Tat überführt. Der Zeuge hat persönlich aus der Nähe gesehen, wie Suchomel die nackte Frau ins Lazarett führte. Er hörte im Lazarett einen Schuß und sah dann, wie Suchomel allein zurückkehrte. Er hat keineswegs aus alledem geschlossen, dass Suchomel persönlich die Frau getötet habe denn er hat gleich gesagt, das die Tötung möglicherweise auch von dem im Lazarett diensttuenden SS-Unterscharführer vorgenommen worden sein könne.
Das Schwurgericht hält die letztere Möglichkeit auch für die wahrscheinlichere, da Suchomel zum Dienst im Lazarett gar nicht ausgebildet war. Er beherrschte jedenfalls nicht die sogenannte Genickschusstechnik, die im Lazarett seit der Ablösung Dr. Eberls als Lagerkommandanten dort immer angewandt wurde. Immerhin leistete Suchomel mit dem Hinschaffen der Frau zum Lazarett einen wesentlichen Beitrag zu ihrer Erschießung.
Der Zeuge Koh. hat Suchomel sofort als Chef der Goldjuden identifiziert. Er hat durch seine ruhige und sachliche Art, in der er seine Bekundung gemacht hat, das Schwurgericht von seiner Zuverlässigkeit überzeugt. Das er Suchomel mit einem anderen SS-Mann verwechselt haben könnte, ist ausgeschlossen, denn Koh. hat auch alle anderen bei der Abfertigung tätigen SS-Männer ihrem Aussehen nach richtig beschrieben und gesagt, das darunter keiner gewesen sei, der Suchomel ähnlich gesehen habe. Zudem ist das, was der Zeuge geschildert hat, ein Vorgang, der sich in ähnlicher Art und Weise öfter abgespielt haben wird, denn Suchomel räumt selbst ein, es sei gelegentlich vorgekommen, dass sich Juden zunächst der Vergasung entzogen und dass sie dann kurzerhand im Lazarett liquidiert wurden, da eine gesonderte Vergasung für wenige Personen zu aufwendig gewesen wäre. Jedenfalls bestehen aufgrund aller dieser Überlegungen keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen Koh. und an der Richtigkeit der Schilderung dieses Einzelfalles.
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