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Die Grundlage der Feststellungen zum Lebenslauf des Angeklagten und zu seinen Aufgaben in Treblinka
Die Feststellungen zum Lebenslauf des Angeklagten Franz beruhen auf seiner insoweit glaubhaften Einlassung in Verbindung mit den verlesenen Dokumenten, insbesondere den Unterlagen des Dokument Center in Berlin.
Die Feststellungen über die Dauer seines Aufenthalts und seine Tätigkeit in Treblinka dagegen folgen aus den Angaben seiner Mitangeklagten und aus den uneidlichen Bekundungen der Zeugen: Hausmeister J., Angestellter Sch., Kellner Josef Oberhauser und Stenotypistin Irmgard Franz, der Ehefrau des Angeklagten, soweit man ihnen folgen kann, sowie schließlich aus den eidlichen Aussagen der Zeugen Nervenarzt Dr. Stru., Ingenieur Gl., Angestellter Au., Kaufmann Ja., Hoteldirektionsassistent Sed., Kaufmann Kols., Schlosser Tai., Mechaniker Tu., Kaufmann Jan., Schlosser Ku., Frisr Bom. und Angestellte Lew., soweit das Gericht ihnen folgen kann.
Dazu lässt der Angeklagte Franz sich wie folgt ein: Er sei erst am 1.November 1942 vom Lager Belzec zum Sonderkommando Treblinka gekommen, dem er bis zum 2.Oktober 1943, nicht aber bis Ende November 1943 angehrt habe. Wahrend seines Aufenthaltes in Treblinka sei er lediglich der Führer der ukrainischen Wachmannschaften gewesen und habe in dieser Eigenschaft mit Erfolg versucht, dieser Einheit Zucht und Disziplin beizubringen. Mit der Vernichtung der Juden habe er nur insoweit zu tun gehabt, als es sich um die Bewachung des Lagers durch die Ukrainer und die Aufstellung verstärkter Posten bei der Ankunft und Abfertigung von Transporten gehandelt habe. Vertreter oder Adjutant des Lagerkommandanten sei er nie gewesen und habe sich diese Stellung auch nicht angemaßt. Infolgedessen habe er auch niemals den SS-Leuten des Lagerpersonals oder den jüdischen Kapos und Arbeitshäftlingen irgendwelche Befehle erteilt. Insbesondere habe er die Juden nicht geschlagen und gequält oder gar getutet. Sein Bestreben sei es vielmehr stets gewesen, sich von diesen Dingen, die er aus tiefster Seele verabscheut habe, soweit wie möglich zu distanzieren. Dieserhalb sei er auch mit Wirth aneinandergeraten, auf dessen Befehl er einmal auf der Schreibstube und ein zweites Mal beim Appell einen Juden habe schlagen müssen. Um den Juden ihr schweres Los zu erleichtern, habe er alles getan, was in seiner Macht gestanden habe. So habe er unter anderem am Tage seiner Ankunft in Treblinka entgegen dem Befehl Wirths ein Kommando von Arbeitsjuden nicht der Vernichtung zugeführt, sondern sie in die Baracken geschickt und so vor dem sicheren Tod bewahrt. Dass der Aufstand vom 2.August 1943 überhaupt geglückt sei, sei im wesentlichen sein Verdienst; denn er habe den ihm befreundeten jüdischen Zahnarzt Dr. Rebschtz darauf hingewiesen, dass an diesem Tage die Gelegenheit zur Flucht günstig sei, weil er selbst von Treblinka abwesend sein werde und die meisten der ukrainischen Wachmannschaften zum Baden an den Bug gehen werden. Wirth habe ihm nach dem Aufstand denn auch vorgeworfen, für die Flucht der Juden verantwortlich zu sein, und ihm mit Einsperren und Kriegsgericht gedroht. Nach der Versetzung Stangl seien lediglich noch Aufräumungsarbeiten, aber keinerlei Vernichtungsaktionen mehr durchgeführt worden. Er, Franz, könne daher auch nicht als Kommandant eines Vernichtungslagers, sondern allenfalls als Führer eines Nachkommandos bezeichnet werden. Die Erschießung der letzten Arbeitsjuden habe er am 1. oder 2.Oktober 1943 auf ausdrücklichen Befehl Globocniks durchführen müssen, der ihm diese Maßnahme telefonisch durchgegeben und sich mehrfach nach der Ausfahrung erkundigt habe, so dass ihm, Franz, letzten Endes nichts anderes übrig geblieben sei, als dem Befehl Folge zu leisten. Er selbst habe sich in keinem Falle an der Liquidierung beteiligt. Alle gegen ihn erhobenen Beschuldigungen seien üble Verleumdungen, die jeder realen Grundlage entbehrten. Aus irgendeinem Grunde wolle man ihn für die Dinge verantwortlich machen, mit denen er aber auch nicht das Geringste zu tun habe. Warum man gerade ihn beschuldige, hänge möglicherweise damit zusammen, dass er sich im Lager stets einer guten soldatischen Haltung befleißigt habe und dadurch, dass er ein Reitpferd benutzt und sich in Begleitung des Hundes Barry, der im übrigen ein völlig harmloses und gutmütiges Tier gewesen sei, im Lager bewegt und so vielleicht mehr als seine Kameraden im Blickpunkt der Juden gestanden habe. Noch wahrscheinlicher aber habe man ihn mit dem früheren Lagerkommandanten Dr. Eberl oder mit dem Führer des unteren Lagers Kttner verwechselt, von denen einer in Wirklichkeit der sagenhafte Lalka gewesen sein müsse. Der Grund für seine Beförderung zum Untersturmführer liege einzig und allein darin, dass er die Ukrainer zu anständigen Soldaten herangebildet habe. Diese Einlassung ist durch das Ergebnis der Beweisaufnahme in ihren entscheidenden Punkten widerlegt.
Was zunächst die Dauer des Aufenthaltes in Treblinka angeht, so kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kein Zweifel daran bestehen, dass der Angeklagte Franz bereits im Hochsommer 1942 in Treblinka gewesen und dass er dort bis zur völligen Auflösung des Lagers Ende November 1943 geblieben ist. Einmal hat der Angeklagte in der Voruntersuchung selbst angegeben, er sei bereits im Hochsommer 1942 ins Lager gekommen, als dort noch haufenweise aufgedunsene Leichen herumgelegen hätten, und zum anderen hat er bei seinen wiederholten Vernehmungen durch den Untersuchungsrichter die Ablösung des Dr. Eberl durch Stangl so eingehend und spezifiziert geschildert, dass er an diesem Tage schon im Lager gewesen sein muss. Die Ablösung des Dr. Eberl aber war, wie aus den gefundenen Wehrmachtsfrachtbriefen hervorgeht, spätestens in der ersten Septemberhälfte 1942. Darüber hinaus hat der Angeklagte Miete glaubwürdig dargetan, dass Franz bei dem überfall auf den SS-Scharführer Max Biala am 11.09.1942 bereits in Treblinka war. Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass Miete sich in diesem Punkte irren könnte, sind ebenso wenig ersichtlich wie dafür, dass er etwa bewusst zum Nachteil von Franz die Unwahrheit gesagt haben könnte. Zudem haben auch die Angeklagten Suchomel und H. bestätigt, dass Franz in jedem Falle schon Anfang Oktober 1942 im Lager war, und auch der Angeklagte Münzberger, der Ende September 1942 zum Sonderkommando Treblinka gestoßen ist, kann zwar nicht sagen, ob Franz in diesem Zeitpunkt schon dort war, er bestätigt aber ebenso wie der Angeklagte Metz die Aussagen der Mitangeklagten Miete, Suchomel und H., wonach zu dieser Zeit in Treblinka keine aufgedunsenen Leichen mehr herumgelegen haben und dass bereits Stangl Kommandant des Lagers war und nicht mehr Dr. Eberl.
Die vom Angeklagten für seine Darstellung, er sei erst am 1.11.1942 in Treblinka angekommen, benannten Zeugen haben nichts Entscheidendes zur Stützung seiner Einlassung bekundet. Der uneidlich gehrte Kraftfahrzeugmeister Fu., der im Herbst 1942 als SS-Mann im Konzentrationslager Belzec stationiert war, hat zwar gesagt, er habe Franz anlässlich seiner Versetzung von Belzec nach Treblinka mit dem Kraftwagen zum Bahnhof gebracht, er vermochte sich jedoch nicht mit Sicherheit daran zu erinnern, wann das gewesen ist. Schließlich sagte er dann auf Vorhalt, das könnte wahrscheinlich im November 1942 gewesen sein. Dieser Aussage, die hinsichtlich der genannten Zeit unsicher und ungenau ist, stehen mehrere Bekundungen anderer ehemaliger SS-Männer gegenüber, aus denen man schließen kann, dass Franz schon viel früher nach Treblinka versetzt wurde. So hat der ebenfalls uneidlich vernommene Hausmeister J. ein ehemaliges Mitglied der Bewachungsmannschaft von Belzec, mit Deutlichkeit erklärt, Franz sei im Oktober 1942 nicht mehr in Belzec gewesen. Der kaufmännische Angestellte Sch. hat, uneidlich gehrt, dargelegt, dass er als SS-Mann im Oktober 1942 von Trawniki nach Treblinka gekommen sei und dass Franz sich bereits im Oktober in Treblinka befunden und dort die Funktionen eines stellvertretenden Kommandanten ausgefüllt habe.
Der besonders gut informierte Schankkellner Josef Oberhauser, während der Aktion Reinhard Adjutant von Wirth, hat uneidlich ausgesagt, dass Franz entweder im August oder September 1942 von Belzec nach Treblinka versetzt worden sei, um dort die ukrainische Wachmannschaft zu übernehmen, keinesfalls aber erst im Oktober oder November 1942. Schließlich hat auch die eigene Ehefrau des Angeklagten eindeutig bekundet, ihr Mann habe ihr bei einem Besuch im Oktober 1942 erklärt, er müsse nach dem Urlaubsende nach Treblinka fahren. Davon, dass Franz erst nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub am 31.10.1942 für ihn völlig unerwartet von Belzec nach Treblinka versetzt worden sei, wie er angibt, kann daher keine Rede sein. Das Schwurgericht ist jedenfalls aufgrund der von dem Angeklagten Miete gegebenen Darstellung, dass Franz beim überfall auf Max Biala am 11.09.1942 bereits in Treblinka gewesen ist, davon überzeugt, dass Franz also schon Anfang September 1942 dort gewesen ist. Das gilt um so mehr, als die Angaben von Miete, der übrigens im Gegensatz zu Franz in verschiedenen Punkten seine Tätigkeit in Treblinka wahrheitsgemäss geschildert und einzelne Taten eingestanden hat, durch mehrere jüdische Zeugen bestätigt worden sind. So haben unter anderem die eidlich geehrten, aufgrund ihres persönlichen Eindrucks glaubwürdigen Zeugen Ros. Au. und Raj. bekundet, dass Franz beim Tode Max Bialas am 11.9.1942 bereits im Lager gewesen ist. Ebenso steht fest, dass der Angeklagte Franz bis Ende November 1943 in Treblinka gewesen ist und nach dem Weggang von Stangl Anfang August 1943 nicht nur das Lager verantwortlich geführt hat, sondern dass auch wahrend dieser Zeit, wenn auch in beschränkterem Umfange, noch Massentötungen durchgeführt worden sind. Das folgt einmal aus den eindeutigen und eingehenden Angaben der Mitangeklagten Miete, Münzberger, H. Ru. und Suchomel, dem Angeklagten in diesem Verfahren mit dem besten Gedächtnis. Sie alle haben übereinstimmend angegeben, dass auch nach dem Aufstand noch Transporte in Treblinka angekommen und vergast worden sind. Das wird zum anderen bestätigt durch die Bekundungen der Angeklagten Mentz und Ru. wonach der Angeklagte Franz noch gegen Ende November 1943 in Treblinka war und erst nach der Liquidierung des Restkommandos und nach der Ablieferung des Hundes Barry im Reservelazarett Ostrow zusammen mit Ru. und Mentz mit einem Lastkraftwagen zum Konzentrationslager Sobibor gefahren ist. Der Angeklagte Mentz erinnert sich deutlich daran, dass er erst den Barry zum Zeugen Dr. Stru., dem damaligen Chef des Reservelazaretts Ostrow bringen musste, bevor die Fahrt mit dem Lastkraftwagen losging. Der Angeklagte hat hierzu vorgebracht, er habe Barry bereits einige Tage vor dem Aufstand am 2.August 1943 zu Dr. Stru. bringen lassen. Der Zeuge Dr. Stru. mit dem sich Franz duzt und mit dem er bis zu seiner Verhaftung freundschaftlichen und brieflichen Umgang pflog, hat das unter seinem Eid energisch und glaubwürdig in Abrede gestellt. Er hat erklärt, dass er das Lager Treblinka erstmals nach dem Aufstand vom 2.August 1943 betreten habe und dass zu dieser Zeit Barry mit Sicherheit noch im Lager gewesen sei. Das unterstützt die Angaben des Angeklagten Mentz, er habe Barry erst unmittelbar vor der Abfahrt zum Lager Sobibor auf Anweisung von Franz zu Dr. Stru. in Ostrow gebracht. Diese Darstellung von Franz ist also hier wie auch in vielen anderen Punkten von grösserer und von geringerer Bedeutung unrichtig. Der Angeklagte Ru., der trotz seines hohen Alters noch über eine gute Auffassungsgabe und ein außerordentlich gutes Gedächtnis verfügt, irrt sich hinsichtlich der Abfahrt auch nicht, denn er wusste noch ganz genau, dass der Lastkraftwagen von dem SS-Unterscharführer Schmidt gesteuert wurde und dass Franz wahrend der Fahrt neben Schmidt saß. Weiter werden die Angaben von Mentz und Ru. noch durch die Darstellung des Mitangeklagten Suchomel bestätigt, der erst nach dem am 14.Oktober 1943 in Sobibor stattgefundenen Aufstand der dortigen jüdischen Häftlinge von Treblinka nach Sobibor versetzt wurde und der seinen Marschbefehl in Treblinka von Franz persönlich ausgehändigt erhielt. Außerdem hat er, wie er glaubhaft dargetan hat, Franz auch noch später im Lager Sobibor gesehen. Schließlich hat Franz aus Treblinka am 2.Oktober 1943 an den Reichsführer SS - Rasse- und Siedlungshauptamt den Antrag auf Genehmigung seiner beabsichtigten Heirat mit der DRK-Hilfsschwester T., der jetzigen Zeugin Neu., gestellt. In diesem Antrag hat er sich selbst als Lagerkommandant von Treblinka bezeichnet. In einem mit Treblinka als Ort und mit dem 6.November 1943 als Datum versehenen Schreiben an das Rasse- und Siedlungshauptamt in Berlin hat er dann noch einmal an die baldige Erledigung seines Heiratsantrages erinnert. Seiner Darstellung, er habe diesen Brief bereits von Deutschland oder gar von Italien aus geschrieben und nur aus alter Gewohnheit Treblinka als Absendeort angegeben, vermag das Schwurgericht keinen Glauben zu schenken. Bei einer sorgfältigen Abwägung aller dieser Umstände ist das Schwurgericht davon überzeugt, dass der Angeklagte von Anfang September 1942 bis Ende November 1943 im Vernichtungslager Treblinka gewesen ist und dass seine Darstellung, er sei erst am 1.11.1942 dort eingetroffen und er habe Treblinka schon am 2.Oktober 1943 verlassen, nur eine leere Ausrede ist, mit der er sich der Verantwortung für einen Teil des grausigen Geschehens in Treblinka zu entziehen sucht. Das gleiche gilt für die Behauptung des Angeklagten, er habe in Treblinka lediglich die ukrainischen Wachmannschaften geführt und allenfalls nur vereinzelt den Kommandanten Stangl auf dessen Bitte für die Dauer einer jeweils kurzen Abwesenheit vertreten. Denn in diesem Punkt bekunden sämtliche neun Mitangeklagten übereinstimmend das Gegenteil. Alle erklären, dass Franz stellvertretender Lagerkommandant gewesen sei. So hat z.B. der Angeklagte Stadie, der als SS-Stabsscharführer bis zur Ernennung von Franz zum SS-Untersturmführer einen höheren Rang als Franz hatte, ausdrücklich gesagt, dass Franz seiner Dienststellung nach ihm aufgrund einer Weisung von Stangl von Anfang an übergeordnet gewesen sei und dass Franz ihm habe Befehle erteilen können und auch erteilt habe. Die im unteren Lager tätig gewesenen Angeklagten Miete, Mentz und Suchomel haben dargelegt, dass es sich genauso zwischen dem zunächst ranghöheren SS-Hauptscharführer Kttner und Franz verhalten habe, denn es sei häufig vorgekommen, dass Franz dem SS-Hauptscharführer Kttner Befehle erteilt und ihn bei seiner Tätigkeit als Chef des unteren Lagers kontrolliert habe. Für das Schwurgericht steht deshalb schon aufgrund der insoweit völlig übereinstimmenden Angaben der bringen neun Angeklagten fest, dass Franz die Funktionen eines stellvertretenden Lagerkommandanten ausgebt hat. Einer Heranziehung der überaus zahlreichen Aussagen jüdischer Zeugen zu diesem Punkt bedarf es gar nicht mehr. Aus der Fülle der Zeugenaussagen seien lediglich die besonders umfassenden und präzisen Bekundungen der eidlich geehrten Zeugen Gl. und Sed. hervorgehoben, die ganz unabhängig voneinander bestätigt haben, dass Franz stellvertretender Lagerkommandant gewesen ist und dass er sich darüber hinaus wegen der Passivität des Kommandanten Stangl und wegen dessen häufiger Abwesenheit aus dem Lager praktisch als unumschränkter Alleinherrscher des Lagers aufgeführt hat. Die Behauptung des Angeklagten Franz, nicht er, sondern entweder Dr. Eberl oder Kttner müssten Lalka gewesen sein, hält einer Nachprüfung ebenfalls nicht stand. So hat der Angeklagte Suchomel erklärt, dass nur Franz wegen seines hübschen Gesichts und seines gepflegten Äusseren von den Juden den Spitznamen Lalka (Puppe) gehabt habe. Der jüdische Lagerälteste Ingenieur Galewski und auch andere Juden hätten ihm das mehrfach gesagt. Alle vor Gericht vernommenen Häftlinge, mögen sie vereidigt oder nicht vereidigt worden sein, haben übereinstimmend bezeugt, dass Franz diesen Spitznamen gehabt hat und dass eine Verwechslung mit Kttner, den man Kiwe genannt habe, auszuschließen sei. Von den zahlreichen Bekundungen seien in diesem Zusammenhang die der vereidigten Zeugen Gl., Un., Au., Raj. und Oscar Stra. als für die überzeugungsbildung des Schwurgerichts bereits ausreichend erwähnt. Die Mitangeklagten Suchomel, Mentz und Miete haben zu dieser Frage dargelegt, dass Franz und Kttner zwar gleich groß gewesen seien, dass man sie aber sonst durchaus gut habe unterscheiden können, da sie sich im Gesicht keineswegs ähnlich gesehen hätten. Der Angeklagte Münzberger hat darauf hingewiesen, dass Kttner eine Hakennase gehabt habe, durch die man ihn von weitem von Franz habe unterscheiden können. Noch abwegiger ist es, einer Verwechslungsmöglichkeit zwischen Franz und Dr. Eberl das Wort zu reden. Dr. Eberl hatte einen kleinen Schnurrbart. Er sprach Österreichischen Dialekt. Er befand sich nur bis Anfang September 1942 im Lager und betrat nach seiner Ablösung durch Stangl das Vernichtungslager Treblinka in der Zeit von Anfang September 1942 bis zu seiner Auflösung nicht mehr, so dass er als Täter für die dem Angeklagten Franz zur Last gelegten Untaten während dieser Zeit ausscheidet. Zudem bestand zwischen Dr. Eberl und Franz, wie der Angeklagte Suchomel hervorhebt, im Aussehen keinerlei Ähnlichkeit. Suchomel kann das beurteilen, weil er schon zurzeit Dr. Eberls im Lager war.
Was das von dem Angeklagten Franz im Lager ausgeübte Schreckensregiment angeht, so sind die Angaben der Mitangeklagten zu diesem Punkt erheblich zurückhaltender. Das mag auf eine falsch verstandene Kameradschaft gegenüber Franz und auch darauf zurckzuführen sein, dass Franz selbst jetzt noch mit zornigen Blicken seine früheren Untergebenen einzuschüchtern weiß. Immerhin ließen insbesondere die drei Angeklagten Suchomel, Miete und H. durchblicken, wie Franz zu den jüdischen Häftlingen war.
Suchomel sagte, er habe die Häftlinge immer gewarnt, wenn Franz in der Nähe war. Auf die Frage, ob und weshalb diese Warnungen nötig waren, hat Suchomel erklärt, er möchte sich hierzu nicht Äussern. Miete hat erklärt, es könne keine Rede davon sein, dass er der Brutalste im Lager gewesen sei, dass sei vielmehr ein anderer gewesen. Auf die Frage, wer dieser andere gewesen sei und ob er sich unter den Angeklagten befinde, hat Miete nach längerer Bedenkzeit gesagt, er möchte hierzu keine Erklärung abgeben. Der Angeklagte H. hat erklärt, unter den Juden des oberen Lagers hätten sich immer Furcht und Schrecken verbreitet, wenn Franz das Totenlager inspiziert habe, weil dann meist etwas Aussergewöhnliches passiert sei. Nähere Einzelheiten wollte er dann aber auch nicht mehr schildern. Da sämtliche Angeklagten keine Hemmungen kannten, wenn es darum ging, bereits tote oder verschollene Kameraden mit Untaten zu belasten, kann man die Erklärungen von Suchomel, Miete und H. bei verständlicher Würdigung nur auf die von Franz im Lager ausgeübte Schreckensherrschaft beziehen. Dieser Schluss ist umso leichter, als das vom Angeklagten in Treblinka an den Tag gelegte grausame Verhalten von zahlreichen jüdischen Zeugen bestätigt worden ist. So hat der eidlich vernommene, durch seine ruhige und sachliche Art besonders glaubwürdige Ingenieur Gl. bekundet, dass Franz in zahlreichen Fällen die Prügelstrafe verhängte, dass er sie häufig selbst bei Abendappellen auf dem Prügelbock vollzog und dass er die Opfer hierbei noch mit unflätigen Ausdrücken wie Scheisse, Dreck, Hund und Arschloch beschimpfte. Wenn er ihre Liquidierung im Lazarett anordnete, dann brachte er zum Ausdruck, dass diese Scheisse oder dieser Dreck bald ins Jenseits befördert werden müsse. Gl. Gl. bezeichnete Franz als den grössten Sadisten, den es im Lager gegeben habe. Das gleiche sagt der eidlich vernommene Braumeister Un., der noch hinzufügte, Franz sei wie ein Tiger gewesen, wenn er Blut gesehen habe, sei er noch wilder geworden. In der Aussage des eidlich vernommenen Angestellten Au., der auf das Schwurgericht einen glaubwürdigen Eindruck gemacht hat, heißt es unter anderem, dass Lalka häufig beim Appell an den Reihen angetretener Juden vorbeigegangen sei und dass er sich mit einem Fingerzeig 5 bis 15 Leute zur Erschießung im Lazarett herausgesucht habe. Weiter hat dieser Zeuge geschildert, wie Franz einmal auf die im Schlauch stehenden nackten Frauen eingeschlagen und herumgeschossen hat, weil es ihn ärgerte, dass der Vergasungsmotor vorübergehend defekt war und dass deshalb die weitere Abfertigung ins Stocken geraten war. Der ebenfalls eidlich geehrte Kaufmann Ja. hat erklärt, dass Franz sich öfter ein paar Leute heraussuchte, dass er sie zum Lazarett brachte und sie dort entweder selbst erschoss oder durch Dritte erschießen ließ. Von ihm habe es im Lager geheißen, er esse kein Frühstück, kein Mittagessen und kein Abendbrot, bevor er nicht ein paar Juden umgebracht habe. Der eidlich vernommene Hoteldirektionsassistent Sed. hat bekundet, dass er einmal von Franz zu Boden geboxt worden sei, weil er nicht Achtung gebrüllt und nicht seine Mütze abgenommen hatte, als Franz in den Desinfektionsraum kam, wo Sed. mit drei anderen Häftlingen mit der Desinfektion der Frauenhaare beschäftigt war. Durch den Boxhieb sei er, so betont der Zeuge, bewusstlos geworden. Der eidlich geehrte Kaufmann Kols. hat glaubwürdig bekundet, dass Franz ihn ebenfalls einmal zu Boden geboxt und ihm hierbei mehrere Zähne ausgeschlagen habe. Zahlreiche andere vereidigte Zeugen, darunter die Zeugen Tai., Tu., Jan., Ku., Bom. und Lew. haben überzeugend dargelegt, dass Franz andere Häftlinge mehrfach auf dem Prügelbock ausgepeitscht und dass er seinen Hund Barry auf Häftlinge gehetzt hat, wenn er dazu Lust und Laune verspürte. Unter diesen Umständen muss die weitere Einlassung des Angeklagten, ihm habe das Schicksal der Juden am Herzen gelegen, er habe versucht, ihr Schicksal zu erleichtern, und er habe deshalb den Häftling Dr. Rebschtz aufgefordert, die Juden sollten am 2.August 1943 einen Aufstand machen, weil dann der größte Teil der Ukrainer auf seine Anordnung zum Baden am Bug sei, als heuchlerisch und unwahr erscheinen. Wenn der Angeklagte schließlich angibt, er sei nur aus soldatischen Gründen, und zwar wegen der guten Ausbildung und Führung der Ukrainer zum SS-Untersturmführer befördert worden, so ist auch das unrichtig. Im Osteinsatz konnte man zwar auch dann ohne den Besuch einer Kriegsschule Offizier werden, wenn man sich an der Front besonders ausgezeichnet hatte, aber nicht allein dadurch, dass man weit hinter der Front als Ausbilder einer Einheit Ukrainer Erfolg hatte. Die Tätigkeit in einem Konzentrationslager kann man auch keineswegs mit einem soldatischen Fronteinsatz vergleichen, wie es der Angeklagte Franz tut. Seine Beförderung zum SS-Untersturmführer, also zum Offizier, ist vielmehr nur wegen seines besonderen Eifers bei der Vernichtung jüdischer Menschen erfolgt. Aus dem von Globocnik mit dem Personal-Hauptamt der SS in Berlin wegen der Beförderung von Angehörigen der Aktion Reinhard geführten Schriftwechsel ergibt sich eindeutig, dass Franz deshalb befördert worden ist, weil er zu den Führern und Unterführern gehörte, die sich anlässlich der Aktion Reinhard besonders ausgezeichnet haben. Das Franz sich bei der Massentötung von Juden im Vernichtungslager Treblinka im Sinne der damaligen nationalsozialistischen Weltanschauung besonders ausgezeichnet, dass er darüber hinaus auf die verschiedenste Art und Weise, nämlich durch Erschlagen, Erhängen, Erschießen und mit Hilfe seines Hundes Barry, zahlreiche Exzesstaten an Arbeitshäftlingen begangen hat, wird durch die Feststellungen des Schwurgerichts in den folgenden Abschnitten deutlich. Da der Hund Barry bei den Häftlingen zu einem Symbol der von Franz im Lager ausgeübten Schreckensherrschaft geworden ist, hat das Schwurgericht sich eingehend auch mit dem Verhalten dieses Hundes in Treblinka befasst und hierzu Zeugen und Sachverständige gehört.
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