Deutschland 1980

Dachau: Bayern, Regierungsbezirk Oberbayern, Landkreis Dachau
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1980
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In der Absicht die Vernichtung der Landfahrerkartei (die bayerische Polizei benutzt immer noch die Akten zu Zigeunern aus der NS-Zeit) zu erzwingen, beschließen Sinti auf dem Gelände des bayerischen KZ Dachau einen Hungerstreik, den sie bei einer Pressekonferenz im Februar ankündigen. Widerstand bringt ihnen darauf nicht nur die Schlösser- und Seen-Verwaltung (die im ehemaligen Konzentrationslager das Hausrecht innehat) als verlängerter Arm des Innenministeriums entgegen, sondern auch das (katholische) Erzbischöfliche Ordinariat, das befürchtet, ein auf dem KZ-Platz vorgesehener ökumenischer Gottesdienst könne als potentielle politische Demonstration angesehen werden, der bayerische Innenminister Gerold Tandler (CSU) verhängt daraufhin ein Verbot und begründet: Das ehemalige KZ Dachau ist eine Gedenkstätte und soll dies auch bleiben. Es ist kein Forum für Demonstrationen zu aktuellen Problemen. An diesem Grundsatz wollen wir festhalten!
ausgerechnet an dem Ort in Bayern, an dem zuallererst Zigeuner eingeliefert und gequält worden sind, dürfen sie nicht gegen Missstände, die dort ihren Ausgang nahmen und bis in die Gegenwart ihr Leben beeinträchtigen, demonstrieren.
am Ende bietet die Evangelische Kirche den Sinti und Roma ihre Kapelle auf dem KZ-Gelände als Ort der Zusammenkunft sowie eines ökumenischen Gottesdienstes an und hier kann auch der Hungerstreik stattfinden (4. 4.-11. 4.). Nach fünf Tagen, inzwischen hatte es Sympathiebekundungen aus der ganzen Welt für die Aktion gegeben, u. a. durch Prominente wie Yul Brynner, Heinrich Böll, Yehudi Menuhin, Willy Brandt, erscheint als Vertreter des Innenministeriums Staatssekretär Franz Neubauer (CSU) um zu verhandeln mit einem äußerst faulen Kompromiss geht dieses Kapitel bayerischer Sinti- und Roma-Geschichte zu Ende; die Ordensschwestern des auf dem KZ-Gelände angelegten Karmelitinnenklosters unterstützten anscheinend im Gegensatz zur Bistumsleitung die Aktionen der Sinti.
 
 
Dachau: Bayern, Regierungsbezirk Oberbayern, Landkreis Dachau
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1980
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Als ein Sinti-Musiker mit Ausbildung am Konservatorium in der Dachauer St. Jakob-Kirche eigene Kompositionen spielt und auch auf Einladung des Pfarrers predigt, beschweren sich Kirchenbesucher Jetzt dürfen Zigeuner schon in der Kirche reden!
der eingeschüchterte Geistliche schweigt und ergreift nicht Partei für den Sinto.
 
 
Dachau: Bayern, Regierungsbezirk Oberbayern, Landkreis Dachau
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1980/1981
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Der Hungerstreik der Sinti auf dem Gelände des ehemaligen KZ Dachau wird zum Anlass für die Gründung eines Dachauer Bürgerkomitees, das sich bemüht aktiv Vorurteile und Hass gegenüber der Minderheit abzubauen, neben Komitee-Sprecherin Birgit Lang engagieren sich Peter Kuhn, Dieter sowie Inga Berger, Gerd Kummet, Tina Kriechbaumer und andere, insgesamt 15 Bewohner des Ortes, ein Kulturtag mit Dokumentation, Fotoausstellung, Sintigästen, die ihre künstlerischen Arbeiten (Geigenbau, Holzschnitzkunst, Ikonenmalerei, Marionettenspiel, Musikdarbietungen) präsentieren, zieht sowohl Sinti aus München als auch Angehörige der Dachauer Mehrheitsbevölkerung an, jedoch sind der Widerstand der konservativen Majorität im Dachauer Stadtrat (CSU, ÜB) bzw. Feindseligkeit (Sans no net verreckt, die Krippl‘n?) oder Gleichgültigkeit bei deren Wählern gegenüber den Belangen und Forderungen der Minderheit, etwa nach einem Kulturzentrum, beträchtlich.