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Ereignisse vom 10. November 1938 (Reichskristallnacht) stellt sich anhand von Gerichtsakten folgendermaßen dar:
Gegen 4 Uhr morgens erreichten den Meppener SA-Standartenführer Ernst T. telephonisch folgende Befehle bzw. Mitteilungen der SA-Brigade 64 in Osnabrück:
1. Die Synagogen des Standartenbereichs sind anzuzünden 2. Alle männlichen Juden sind in Schutzhaft zu nehmen 3. Die staatlichen Behörden sind unterrichtet 4. Die Feuerwehr ist angewiesen nicht einzugreifen 5. Die Polizei hat die Maßnahmen zu unterstützen
Standartenführer T. alarmierte die Meppener SA-Stürme, suchte die ihm unterstellten Führer der auswärtigen SA-Stürme telephonisch zu erreichen und ordnete die Durchrührung der erhaltenen Befehle für Meppen und den ganzen Standartenbereich durch die SA an. Er stellte aus den alarmierten SA-Leuten ein Rollkommando von 15-20 Mann zusammen und ließ es auf einem vom Schießplatz Meppen angeforderten LKW nach Lathen fahren. Er selbst begleitete das Kommando in einem PKW. In Lathen ließ er die Synagoge anzünden, die vollständig niederbrannte.
Von Lathen fuhr T. dann mit dem SA-Kommando weiter nach Sögel. Auch hier wurde die Synagoge unter Verwendung von Benzin angezündet und brannte nieder. Als der Brand auf benachbarte Häuser überzugreifen drohte, forderte T. die Motorspritze aus Werke an und beteiligte sich auch selbst an den Löscharbeiten, um ein Übergreifen auf angrenzende Gebäude zu verhindern. Grund hierfür war u.a., daß im Laufe des Morgens eine Reihe weiterer einschränkender Befehle eingetroffen war, die folgendes besagten:
1. Es dürfen nur solche Maßnahmen getroffen werden, die keine Gefährdung deutschen Lebens und Eigentums mit sich bringen (z.B. Synagogenbrände nur, wenn keine Brandgefahr für die Umgebung vorhanden ist) 2. Geschäfte und Wohnungen von Juden dürfen nur zerstört, nicht geplündert werden. Die Polizei ist angewiesen, die Durchführung dieser Anordnungen zu überwachen und Plünderer festzunehmen. 3. In Geschäftsstraßen ist besonders darauf zu achten, daß nicht-jüdische Geschäfte unbedingt gegen Schäden gesichert werden 4. Ausländische Staatsangehörige dürfen, auch wenn sie Juden sind, nicht belästigt werden Dementsprechend begnügte sich das SA-Kommando, das von Sögel weiter nach Werlte gefahren war, in Werlte damit, das Inventar aus dem jüdischen Betraum, der sich hier in einem Privathaus in unmittelbarer Nähe einer Tankstelle befand, herauszuschaffen und auf dem Marktplatz mit Benzin zu übergießen und zu verbrennen. Standartenführer T. der mit seinem PKW etwas später eintraf, ließ es dabei bewenden. Er kehrte nach beendeter Aktion am Nachmittag nach Meppen zurück.
In Meppen und Haren hatte das Programm indessen folgenden Verlauf genommen: Nachdem Standartenführer T. an die SA-Führer die Befehle zur Durchführung der Maßnahmen in Meppen erteilt hatte, gingen Sturmführer Philip E. und SA-Mann Hermann K- zum staatlichen Bauhof und holten dort eine Kanne Benzin. Mittlerweile begab sich Kreisleiter Joseph E. mit einem SA-Mann zur Synagoge. Hier hatte nach Mittemacht der Sturmführer M. bereits die Fensterscheiben eingeschlagen. Joseph E. verlangte nun kurz vor 6 Uhr von den Eheleuten B., die in einem Anbau der Synagoge wohnten und Küsterdienste verrichteten, den Synagogenschlüssel und Licht mit der Bemerkung, die Synagoge sollte ausgeräuchert werden. Dann betraten sie die Synagoge, man hörte sie im Innern mit Gegenständen poltern und räumen, und kurz darauf kam aus dem Fenster ein dünner Rauch wie von einem schwelenden Feuer. Kreisleiter E. und der SA-Mann kamen heraus und fragten, wer die Synagoge angezündet habe. Frau B. und ihre Tochter hielten es für ratsam zu schweigen, bzw. zu antworten, sie wüßten es nicht, worauf die beiden Männer sich sichtbar zufrieden entfernten. Bald darauf, gegen halb 7 bis 7 Uhr, kamen Philip E., Hermann K- und ein weiterer SA-Mann mit der Benzinkanne an. Sie gingen damit in die Synagoge und unmittelbar darauf brannte der Raum lichterloh. Der Brand griff über auf den angrenzenden Schulraum und auf die Wohnung der Familie B. und bedrohte das benachbarte Haus von Knobbe, das nur mit Mühe gerettet werden konnte. Unterdessen hatten sich verschiedene Trupps von SA-Leuten, bzw. Polizisten gebildet, die in den verschiedenen Bezirken der Stadt in die Häuser der Juden eindrangen, Fensterscheiben zerschlugen, Geschäftseinrichtungen und Hausrat zerstörten und männliche Juden jeden Alters sowie auch einige Frauen aufgriffen, sie völlig unzureichend bekleidet unter Beschimpfungen, Bedrohungen, Schlägen und Stößen teilweise zunächst zum Gerichtsgefängnis und dann zum Haus der SA-Standarte, teilweise direkt zu diesem Hause trieben. Dort mußten sie durch eine enge Gasse von SA-Männern, die auf sie einschlugen, in den Hausflur gehen, von wo sie mit einem Fußtritt die Kellertreppe hinunter gestoßen wurden. Im Keller mußten sie zum Teil über Glasscherben umherkriechen, Lieder singen und auf die Frage, was sie seien, entweder antworten:
Wir sind Saujuden oder Wir sind die Mörder von vom Rath. Dabei wurden sie mit Raschen, Stöcken und Stangen teilweise bis zur völligen Entstellung blutig geschlagen. Als einer von ihnen trinken wollte, wurde sein Kopf so lange in einen Eimer mit Wasser gedrückt, bis er Wasser in die Lunge bekam. Die Misshandlung wurde zwischendurch an einigen Juden im Hof fortgesetzt. U.a. wurden sie gezwungen, in einem Loch stehend Üb immer Treu und Redlichkeit zu singen.
Im Laufe des Vormittags trafen noch weitere Juden aus Hesepe, Haren und Lathen im Keller ein. Am frühen Nachmittag wurden die Juden, nachdem zwei von ihnen, die das 60. Lebensjahr überschritten hatten, entlassen worden waren, mit einem Papenburger Gefangenenwagen nach Lingen und von da über Osnabrück nach Sachsenhausen gebracht, von wo sie nach einigen Monaten entlassen wurden.
Nachdem die Meppener Synagoge in Brand gesetzt und die Meppener Juden im Wesentlichen festgenommen waren, fuhr der Kreisleiter Josef E. mit seinem Kreispropagandaleiter Seh. gegen 7.30 Uhr mit dem PKW nach Haren. Bald darauf machten sich uniformierte SA-Männer mit brennenden Fackeln und Benzin in der Synagoge zu schaffen, die bald darauf in Flammen aufging, nachdem man das Dach durchgebrochen hatte, um dem Feuer Luft zu schaffen. Um diese Zeit traf bei der Brandstelle mit dem LKW ein von Philip E. geführtes Rollkommando aus Meppener SA-Leuten ein. Gleichzeitig wurden die Harener Juden festgenommen und auf den Hof des Gemeindebüros gebracht, von wo der Harener SA-Sturmführer St. einen Trupp von etwa 5 Juden zu Abbrucharbeiten an der Synagogenruine beorderte. Philip E. sorgte im weiteren Verlauf des Tages für ihren Abtransport in einem Gefangenenwagen. Am späten Vormittag langte noch ein weiteres SA-Kommando von etwa 20-30 SA-Leuten in Haren an. Es handelte sich um Wachmänner von einem Emslandgefangenenlager, die u.a. unter Vorantragen eines Judensterns Lieder singend einen Umzug im Dorf veranstalteten.
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